Lätare

Liebe Gemeinde, liebe Gäste,

auf den Gottesdienst am Sonntag “Lätare“ in der Saydaer Hospitalkapelle hatte ich mich gefreut, denn die Vorbereitungen dafür begannen schon, als das Jahr noch sehr jung war!  Es sollte ein musikalischer und durchaus fröhlicher Gottesdienst werden –  mitten in der Passionszeit. Lätare heißt nämlich: “Freue dich“ – und der Psalm des Sonntags  (Ps. 84) ist überschrieben mit “Freude am Haus Gottes“.

Was hätte uns denn erwartet in diesem Gottesdienst? Zumindest aus der “Kirchenmusikwerkstatt“ könnte ich einiges ausplaudern.
Die Kurrende wollte fröhlich beginnen mit dem Lied:   “O, wir schauen schon hinein in den Ostersonnenschein – Lätare! Lätare!“ Das ist ein Freudenlied darüber, dass der größte Teil der Fastenzeit schon hinter uns liegt und das Osterlicht seine Strahlen vorausschickt. Vom Chor hätten wir gehört: “Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und setze meine Zuversicht auf Gott den Herrn.“ In schweren Anfechtungen hat der Psalmist diese Worte niedergeschrieben. Natürlich hätten auch Sie genügend Gelegenheit zum Mitsingen gehabt.  So zum Beispiel beim Wochenlied “Korn, das in die Erde“, das auf den Wochenspruch Bezug nimmt:  “Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein, wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ Dieses Jesuswort bezieht sich natürlich zu erst auf das Passions- und Oster – geschehen. Es kann uns aber auch Gleichnis sein für ganz erdverbundene Lebenszusammenhänge, in denen wir stehen: Ein Gärtner, der es nicht über sich bringt, seine kostbaren Saatkörner der Erde anzuvertrauen wird nie ernten können. Eine Frau, die die Beschwernisse einer Schwangerschaft und die Schmerzen der Geburt  so sehr fürchtet, dass sie sich dagegen entscheidet, wird nie die Erfüllung  erleben Mutter zu sein. Und auch das sagt mir der Wochenspruch: Wenn ich mich davor scheue, in die Dunkelheit meiner eigenen Schattenseiten hinab zu steigen, wird es für mich kein spirituelles Wachstum geben. Nun haben die aktuellen Geschehnisse verhindert, dass wir uns in unseren schönen Gotteshäusern versammeln können.  Was ist Gottesdienst?  Diese Frage steht plötzlich mit einer ganz neuen Dimension vor uns. Was können wir mit unseren Möglichkeiten jetzt tun? Ein klärendes Gespräch… Eine Bitte um Verzeihung…Ein Schritt der Versöhnung…Eine “Inventur“ mit mir selbst, mit Gott … “Heiße Eisen“, die ich mir schon lange nicht traue anzupacken…

Immerhin: Wir haben noch Telefon, Internet und Briefpapier. Irgendwann treffen wir uns wieder – vielleicht zu einem Singe-Gottesdienst?

Bis dahin bleiben Sie gesegnet, behütet und gesund !   

Christian Domke (Kantor)