Andacht Ostermontag Emmausjünger

Liebe Gemeinde, liebe Gäste,

vielleicht haben Sie diese Geschichte schon oft gehört, vielleicht ist sie Ihnen ganz neu? Ich meine das Ostermontags – Evangelium von den Emmausjüngern, aufgeschrieben bei Lukas im 24. Kapitel. Beim wiederholten Lesen merke ich, dass für mich Beides zutrifft –

oft gehört und doch neu!

Es ist eine Ostergeschichte die mich besonders berührt weil sie so lebensnah ist.

Da sind zwei Menschen, denen die Enttäuschung nicht nur ins Gesicht geschrieben steht sondern sie ganz in Besitz genommen hat.

Dabei hatten sie doch so große Hoffnungen in Jesus gesetzt, der nun nicht mehr bei ihnen war nachdem er nach vielversprechendem Wirken schmählich gefangengenommen, zum Tode verurteilt und schließlich hingerichtet wurde.

Die Gerüchte von seiner Auferstehung konnten sie einfach nicht ernst nehmen. Für sie war das alles nur “leeres Gerede“ – so steht es wortwörtlich im Evangelium.

Vielleicht hatten die Beiden nicht nur aus ihrer Enttäuschung heraus Jerusalem verlassen. Womöglich wollten sie dem endlosen Gerede über den “Fall Jesus“ entkommen, weil sie sich schämten diesem “Versager“ einmal Gefolgschaft geleistet zu haben.

Nun, auf der langen Landstraße nach dem Dorf Emmaus, mischte sich wieder Schmerz, Trauer und Enttäuschung in ihre Gespräche.

Es ist gut, wenn wir an den Tiefpunkten unseres Lebens nicht allein sind, wenn jemand zum Reden da ist, der unsere bedrückenden Erfahrungen teilt oder wenigstens verstehen kann.

Die Beiden waren sich in ihrer Gefühlslage sehr verbunden, und als ein unbekannter Dritter, der den selben Weg nahm, sich interessiert ins Gespräch mischte, erzählten sie gleich nochmal die ganze Geschichte. Was sie nicht bemerkten:

Jesus selbst war der unbekannte Dritte. Doch sie erkannten ihn einfach nicht !

Manchmal sind wir wie mit Blindheit geschlagen. Das,was wir uns wünschen, wonach wir uns sehnen, das, was eigentlich wichtig, wertvoll und sättigend ist für unser Leben, nehmen wir gar nicht war. Wenn es dann verschwunden ist wachen wir auf. Und plötzlich wird uns bewusst, dass es schon einmal unser Besitz war, oder wir schon mal ganz nah dran waren. Wir bereuen – und diese Reue kann sehr bitter sein.

Oder wir lernen sehen – und dieses Sehendwerden kann heilend und erlösend wirken.

Das Wunderbare an dieser Geschichte ist:

Es war für die zwei Jünger noch nicht zu spät.

Irgend etwas muss von dem unbekannten Begleiter ausgegangen sein, was ihre Herzen berührte und erneut Hoffnung und Sehnsucht aufkeimen ließ. Sie baten ihn:

“Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt.“

Und dann, in der Herberge am Tisch erkannten sie ihn doch noch.

Es waren seine Worte und Gesten, seine Art das Brot mit ihnen zu brechen.

Da wurden ihre Augen geöffnet – und es war noch nicht zu spät …

… noch nicht zu spät, den Weg der Resignation zu verlassen, das Erlebte wirklich im Herzen ankommen zu lassen, umzukehren, ein freundliches Gesicht zu zeigen und den Freunden Mut und Zuversicht zuzusprechen. Das hatten sie auch nötig, genau wie wir es heute nötig haben, denn Jesus – damals wie heute – entzieht sich unseren Blicken.

Und in dieser Welt wirken … möchte ER durch UNS.

Ich wünsche uns Allen eine frohe, gesegnete Osterzeit ! Christian Domke

Kennen Sie den schönen Abend – Kanon: “Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden…“ ? Er steht im Gesangbuch unter Nr. 483. Hier hören Sie ihn zum mitsingen.