Andacht Exaudi 2020

Höre Gott, mein lautes Rufen! Neige dich zu mir! Antworte mir! (Psalm 27,7)
So ruft ein Israelit in Babylonischer Ge-fangenschaft. Von seinem Zuhause war er vertrieben worden, sein Heimatort lag in Trümmern. Nun lebte er schon seit einiger Zeit in Babylon, aber so richtig angekommen ist er dort bis-her nicht. Zu fremd die Stadt, die Menschen und die Kultur. Er fragt sich: Sieht Gott mich und meinen Kummer über-haupt? Gott, wo bist du? Kennst du meine unerfüllte Sehnsucht, wieder in meine Heimat zu-rück zu kehren? So hilf mir doch!
Der heutige Sonntag hat seinen Namen aus dem oben genannten Psalm: Exaudi – Höre! Und es ist ein ganz besonderer Sonntag, genau zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Jesus ist schon weg, für die Augen der Jünger nicht mehr sicht-bar, aber der versprochene Geist noch nicht ausgeschüttet. Die Jünger sind un-sicher: Was wird werden? Können Sie Jesus vertrauen? Wird der Tröster kom-men? Die Jünger haben Sehnsucht nach einer Antwort.
Und auch mir geht es manchmal so. Da frage ich mich: Ist Gott überhaupt noch mit mir unterwegs? Sieht er, wie es mir gerade geht? Müsste er mir nicht endlich ein Zeichen geben? Zumindest ein ganz kleines Zeichen, damit ich wieder Hoff-nung haben kann? Wo bist du Gott? Hörst du mich?
Der Israelit bekommt Antwort auf sein Rufen zu Gott: Jeremia 31, 31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, 33 Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sol-len mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. 34 Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nim-mermehr gedenken.
Wie erleichtert muss der Israelit wohl gewe-sen sein! Endlich eine Antwort und dazu noch eine solch tröstliche: Egal was gewesen ist, Gott hält zu ihm. Er vergibt ihm und will sogar einen neu-en Bund mit ihm und seinem Volk schlie-ßen – und das nicht etwa auf einem schnöden Stück Papier, nein ins Herz und in den Sinn will Gott ihn schreiben. Tief im Innersten will Gott sich veran-kern und da sein.
Egal wie verzweifelt oder hoffnungslos ich bin: Gott hört mein Rufen. Tief in mir ist Gott verankert. Bin ich bereit, Gott dieses Zuhause in mir zu zugestehen? Ihm einen Platz in mir und meinem Le-ben zu geben? – Dann werde ich auch dazu bereit sein, Gott zu vertrauen und auf seine Antwort zu warten. Gott jeden-falls will mit uns auf dem Weg sein. Was für eine Zusage!
Ich lade Sie ein zu singen:
EG 369,1+2 Wer nur den lieben Gott lässt walten.
Ihre Pfarrerin Christine Klement